Vorherige   Season 6   Nächste

135. Das Kollektiv



Allgemeines
Originaltitel Collective
Produktionsnummer 235
Erstausstrahlung USA 16.02.2000
Erstausstrahlung BRD 2001
 
Regie Allison Liddi
Drehbuch Michael Taylor
Story Andrew Shepard Price & Mark Gaberman
 
Story
Der Delta Flyer ist mit Chakotay, Harry Kim und Tom Paris an Bord auf dem Rückweg zur Voyager, als wie aus dem Nichts ein Borgwürfel vor dem Bug auftaucht und den Angriff eröffnet. Obwohl der Kubus schwer beschädigt ist und nur selten den Flyer trifft, sind dessen Schilde und Antriebe schnell ausgeschaltet. Bevor die vier etwas unternehmen können, ist das kleine Schiff von einem Traktorstrahl erfaßt und an Bord des Würfels gebracht worden. Dort entdeckt das Außenteam etwas Merkwürdiges: das Schiff scheint verlassen zu sein, und keiner kümmert sich um die Neuankömmlinge. Mittlerweile hat die Voyager die Suche aufgenommen und das Borgschiff entdeckt. Die Scanner erfassen nur fünf Lebenszeichen, obwohl tausende von Drohnen an Bord sein sollten. Der Würfel ist der Voyager weit überlegen, doch die Borg wollen sie nicht assimilieren, sondern fordern den Navigationsdeflektor des Schiffes im Austausch gegen das gefangengenommene Außenteam. Sie erlauben, das Seven hinüberbeamt, um sich vom Wohlbefinden der Crewmitglieder zu überzeugen. Dort entdeckt sie den Grund für das merkwürdige Verhalten der Borg: alle Drohnen des Würfels sind deaktiviert worden, bis auf fünf noch nicht voll entwickelte "Borg-Kinder" ...
 
Darsteller
Führungsdrohne Ryan Spahn
Icheb Manu Intiraymi
Mezoti Marley S. McClean
Azan Kurt Wetherill
Rebi Cody Wetherill
 
Bewertung
Der Episode "Das Kollektiv" wird oft vorgeworfen, eine einfach gestrickte, nicht besonders originelle Actionfolge nach dem Schema F zu sein, die auf tiefergehende Charakterisierungen und moralische Debatten verzichtet. Auch wenn ich die Kritik nachvollziehen kann - aus gewissen Gründen finde ich die Episode trotzdem gelungen und keinesfalls schlecht oder langweilig.
Zunächst einmal ist es wichtig festzustellen, daß "Das Kollektiv" einen anderen Weg geht als typische Borgfolgen wie "
Überlebensinstinkt", "Das Vinculum" oder "Die Drohne". Letztere waren immer zugleich Seven-Charakterfolgen mit einer mehr oder weniger starken moralischen Grundlage; Episoden, in denen Seven vor ein Dilemma gestellt wurde und sich ihr Charakter entsprechend anpassen und entwickeln mußte. "Das Kollektiv" dagegen erscheint tatsächlich in erster Linie als eine aktionsbetonte Folge über die Borg, in der Seven zwar ein wichtiger Akteur ist und zur Auflösung der Handlung beiträgt, aber nicht wirklich etwas anders sieht oder dazulernt. Stattdessen greift sie auf ihre in den letzten 2 Jahren gewonnen Erfahrungen und gelernten Lektionen über die Individualität und individuelle Zusammenarbeit im "Kollektiv" der Voyager zurück, um eine Lösung des Konflikts voranzutreiben, d.h. die Borgkinder zur Aufgabe zu bewegen. So ist Seven nur ein Element in der eigentlichen Hauptgeschichte, die - so einfach das jetzt klingt - die Entführung von vier Crewmitgliedern und die anschließenden Befreiungsversuche thematisiert. Auch wenn allgemein gesehen diese Handlungsgrundlage nicht unbedingt neu ist (z.B. [TNG] Ungebetene Gäste und in erster Linie natürlich der in vielerlei Hinsicht ähnlich gelagerte TNG-Zweiteiler "Angriff der Borg"), sollte man nicht pauschalisieren. Es sind ja nicht einfach die Borg, die Tom, Harry, Neelix und Chakotay kidnappen, genausowenig, wie es einfach deassimilierte Drohnen waren, die sich in "Überlebensinstinkt" mit Seven auseinandersetzten. Es ist eine kleine Gruppe von Kindern, die nach dem Tod aller Borgdrohnen an Bord ihres Kubus noch vor Beendigung ihrer "kollektiven Gleichschaltung" und Erziehung zu Ordnung und Harmonie die Borg-Reifungskammern verließen. Der grundlegende Ausgangspunkt der Episode ist nun, daß dieses "Kinder-Kollektiv" im Niemandsland zwischen den Fronten steht - auf der einen Seite sind sie unfertige, fehlerhafte, unvollkommene Drohnen, deren Sinn für Kollektivität und völlige Gleichwertigkeit nur unzureichend ausgeprägt ist, aber auf der anderen Seite sind sie als Kinder unfertige, unvollkommene Humanoide, die weder einen klaren individuellen Willen noch die Fähigkeit, einen eigenen Weg im Leben zu beschreiten, besitzen. Sie haben die Pubertät, das Entwicklungsstadium im humanoiden Leben, in dem man sich von früheren Leitfiguren (Eltern) löst und eine eigene Rolle in der Gesellschaft sucht und schließlich annimmt, noch nicht bzw. gerade erst erreicht - und mit dieser Prämisse erscheinen die Vorkomnisse und Handlungen in "Das Kollektiv" eigentlich recht logisch. Nach ihrer Trennung vom Hivebewußtsein (die ja vom Kollektiv aufgrund ihrer Imperfektion sogar vorangetrieben wurde) haben sie sich - wie das sowohl bei den Borg als auch bei Individuen der Fall ist - zu einer sozialen Gruppe, quasi einem "Privat-Kollektiv" zusammengeschlossen, welches jedoch - in ihrem Zustand der völligen Abhängigkeit und Unmündigkeit ganz besonders - eine Leitfigur, einen Führer braucht, der eine Ordnung durchsetzt, um zielgerichtetes, effektives Handeln zu ermöglichen, und einen gemeinsamen Weg aufzeigt. Diese Rolle übernimmt ein namentlich nicht benannter Borgjunge, der "Erste". Die Ähnlichkeit zu "Angriff der Borg" ist hier unverkennbar - damals war es eine Gruppe deassimilierter "echter", d.h. voll ausgereifter, erwachsener Borg, die in einem Zustand des totalen Chaos, der totalen Ziellosigkeit bereitwillig einen neuen Führer (den Androiden Lore, genannt der "Eine") annahm, um die im Kollektiv herrschende Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen, auch wenn dies die Rückkehr zur Fremdbestimmung und totalen Abhängigkeit bedeutet. Doch damals wie heute ging die Rechnung nicht auf, da die Führer selbst eine individuelle, eigennützige Rolle einnahmen, anstatt wirklich einen "Allgemeinwillen" zu repräsentieren und umzusetzen (wie im Falle der echten Borgkönigin des Kollektivs). Lore tat dies aufgrund einer angeborenen Bösartigkeit, doch der "Erste" ist eigentlich ein Opfer der Umstände. Er ist genauso unvollkommen, unreif und unwissend wie die anderen Kinder, da ihm ja das gleiche widerfahren ist und er selbst noch ein Kind ist, und doch bringt ihn eine gewisse charakterliche Disposition dazu, sich an die Spitze zu stellen, was die anderen in ihrem verzweifelten Wunsch nach der Geborgenheit des Hivebewußtseins nur zu gerne anerkennen. Im Kollektiv waren Sie unmündig in dem Sinne, daß sie nie für sich selbst die Verantwortung übernahmen und Entscheidungen immer von der Allgemeinheit getragen wurden. In dem neuen Kollektiv, das allein aufgrund ihrer ungenügenden charakterlichen Ausbildung (ob nun als Humanoide oder Borg) fehlerhaft ist, wurde dieser Zustand beibehalten: statt Eigenständigkeit Unmündigkeit, ja sogar Fremdbestimmung, statt dem Kollektivwillen bzw. dem Konsens der individuellen Willen haben wir einen "Diktator", der fehlgeleitet von dem Wunsch nach einer Rückkehr ins Kollektiv (deren Unmöglichkeit er selbst dann noch nicht akzeptiert, als ihre permanente Ausstoßung bekanntgeworden ist) die anderen dominiert ("Ignoriert sie!"), manipuliert (er sagt Icheb, nur im Borgkollektiv könne sein Subvokalprozessor repariert werden) und ihnen seinen Willen aufzwingt ("Tu, was ich sage!"). "Ein Kollektiv - eine Stimme" in der Tat, doch in einem ganz anderen Sinne als ursprünglich gedacht. Dieses Szenario ist einem gewissen, in seiner Grundanlage ambitionierten und idealistischen, aber aus ähnlichen Gründen fehlgeschlagenen politischen System ähnlich und erinnert an George Orwells Roman "Animal Farm", obwohl die Episode natürlich zu oberflächlich und die Figuren zu indifferent charakterisiert sind (allenfalls der "Erste" nimmt unter den Kindern eine eigenständige Rolle an, während die anderen Kinder charakterlich schwer zu unterscheiden sind, was jedoch der Intention der Geschichte zu entsprechen scheint, sie als willenlos, unmündig darzustellen), um einem literarischen Vergleich standzuhalten. Auf der anderen Seite hat die generelle Abneigung des "Kinder-Kollektivs" Erwachsenen gegenüber seinen Ursprung wohl eher im individualistischem Lebenszyklus und nicht im Kollektiv, wie in der Episode erwähnt wird: in der erwähnten Übergangsphase, in der die Kinder sich von ihren früheren Rollenbildern lösen und ihre eigene Individualität ausprägen, sind sie gegenüber ersteren natürlich mißtrauisch bis völlig ablehnend eingestellt. Immerhin repräsentieren diese ein Weltbild, daß sie zugunsten eines eigenen abzustreifen wollen, bis sie erkennen, daß jenes immer die Summe aller "geistigen Inputs" sein muß (Eltern, Gesellschaft, Idole, Freunde etc.). Dieser "Kinder vs. Erwachsene" Konflikt wurde zuletzt in der klassischen Star Trek Serie thematisiert, in den beiden wenig geliebten Episoden "Miri, ein Kleinling" und "Kurs auf Markus 12". Mal von der mangelnden Qualität abgesehen (die die Autoren wohl bewog, bis jetzt keine Gruppe von Kindern mehr in den Mittelpunkt einer Folge zu stellen), zeigen die Episoden doch ähnliche Merkmale: die Kinder stehen plötzlich allein da, da alle Erwachsenen getötet wurden, und sie glauben, nach dem Verlust ihrer "Leitfiguren" alleine bzw. mit einem selbst gewählten Anführer zurechtkommen zu können, in dem sie eine soziale Gemeinschaft schaffen. Aufgrund ihrer fehlenden Erfahrung und Bildung ist diese jedoch fehlerhaft, disharmonisch und letztendlich zum Scheitern verurteilt. Die Situation in "Das Kollektiv" ist äquivalent, wie das unstete, unberechenbare Verhalten des fehlgeleiteten "Kinder-Kollektivs" schon beim ersten Kampf mit der Voyager beweist. Letzten Endes ist die Auflösung der Situation zugunsten der Voyager-Crew (heißt: die Befreiung der Geiseln ohne Abgabe des Navigationsdeflektors sowie die Bergung der Kinder) recht clever gelöst. Seven wird auf den Borgkubus geschickt, da sie als ehemalige, in jungen Jahren assimilierte Borg noch am ehesten das Vertrauen der Kinder erlangen kann. Man will sie als "Ersatzführer" für das Kollektiv etablieren, in dem die Autorität des "Ersten" untergraben, seine offensichtliche Fehlerhaftigkeit und Unfähigkeit enthüllt (bei der Fehlfunktion in der Reifungskammer des Babys), die Kinder zu eigenem Denken und Handeln aufgerufen ("Spricht er für sie alle? Sie sollten ihre eigenen Entscheidungen treffen, als Individuen.") und schließlich die Überlegenheit Sevens als Leitfigur der Kinder bewiesen wird. Am Ende sind es jedoch die Kinder selber, welche die offensichtliche Machtlosigkeit des "Ersten" erkennen, die (von der Crew der Voyager natürlich provozierte) Situation noch unter Kontrolle zu bekommen, und welche seinen Machtmißbrauch, sein Handeln gegen die Wünsche der Allgemeinheit feststellen ("Es sind deine Wünsche, deine Regeln"). So kommt es noch einmal zu einem Führungskampf zwischen dem "Ersten" und dem später als Icheb bekannten Borg, der die Lösung der Kinder von ihrem uneinsichtigen, fehlgeleiteten Anführer zum Ergebnis hat. Der anschließende Tod des "Ersten" ist eigentlich unnötig, da er ja ebenfalls nur ein Opfer war, soll aber wohl seinem Irrtum das nötige Gewicht verleihen. Schließlich vertrauen die Kinder sich Seven an, die ihre Rolle als Leitfigur auch als solche erfüllen wird: nicht als Anführerin, die den Kindern ihre Handlungen und ihre zukünftige Rolle strikt vorschreibt, sondern als "Wegweiser", der ihnen die möglichen Pfade aufzeigen und sie mit Eigenständigkeit, Selbstbestimmung, mit Individualität vertraut machen soll, damit sie einen eigenen Weg im Leben finden können - so, wie es Seven selbst erst vor relativ kurzer Zeit gelernt hat und auch schon einmal gelehrt hat (in "Die Drohne"). Sie übernimmt damit die Verantwortung von Eltern und Lehrerin zugleich, was ihrer sich noch immer entwickelnden Persönlichkeit und Menschlichkeit ein paar interessante neue Facetten verleihen dürfte. Was die weitere Entwicklung der auf der Voyager verbleibenden Kinder (ein erfreuliches Ergebnis der Folge, bedenkt man, daß die Handlung in Voyager-Episoden nur selten Konsequenzen für die Zukunft hat) angeht, legt die Schlußszene bereits den Grundstein für deren Neuentdeckung der Individualität: Icheb, Mezoti, Azan und Rebi - die Kinder haben einen eigenen Namen, eine eigene Vergangenheit, eine eigene Existenz, wie sie schon bald erkennen werden.
Alles in allem zeigt "Das Kollektiv" ein Bewußtsein sowohl für Kontinuität als auch Konsequenzen, weist interessante, weil ungewöhnliche Antagonisten auf, enthüllt einige neue, bisher noch nicht beleuchtete Aspekte der Borg (die Assimilation von Kindern sowie ihre Entwicklung im Kollektiv), anstatt erneut die inzwischen hinreichend bekannten Borg-Themenkreise zu beleuchten, und versteht es, einfühlsame, bewegende Momente (Janeway mit dem Borg-Baby) mit düsteren, wirklich spannenden Handlungsabschnitten zu kombinieren und ein paar elegante Handlungswendungen einzubauen (etwa der Teaser oder Harrys Entdeckung durch Mezoti), um den Zuschauer zu unterhalten. Als Ereignisepisode mag die Episode die dargestellte Interpretation nur bei genauerer Betrachtung widerspiegeln und die Handlung generell eher auf überragende Effekte, eine unheimliche Atmosphäre und schnelle Action aufbauen, doch ist das Ergebnis für mich trotzdem sehr überzeugend.
17.03.2001

Score.gif (1388 Byte)Score.gif (1388 Byte)

 
Zitate
Harry: "Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich sagen, wir sind aufs Glatteis geführt worden. Oh, ich kaufe ihnen die 'Unschuldiger Talaxianer'-Masche nicht ab."
Neelix: "Ich weiß gar nicht wovon Sie reden! Das ist das erste Mal, daß ich dieses Spiel - wie heißt es noch?"
Harry/Tom/Chakotay: "Poker!"
Neelix: "Ich habe geträumt, Sie wären assimiliert worden!"
Chakotay: "Ihr Unterbewußtsein war wohl etwas voreilig - aber vermutlich nicht viel."
Seven: "Als ich von den Borg das erste Mal gefangengenommen wurde... war ich jung und verängstigt. Ich sah, wie meine Eltern assimiliert wurden. Dann wurde ich in eine Reifungskammer gebracht, und das Hivebewußtsein begann, meine synaptischen Bahnen umzustrukturieren - meine Individualität auszulöschen. Als ich fünf Jahre später wieder herauskam, war der Aufruhr über meine erzwungene Assimilierung durch Ordnung ersetzt worden."
Janeway: "Sie sind nicht gerade Drohnen. Erwachsene Borg sind vorhersehbar. Sie werden einen ignorieren oder assimilieren. Aber diese Jugendlichen... Sie sind instabil!"
Tuvok: "Sie verachten Autorität, davon überzeugt, daß sie überlegen sind - typisches jugendliches Verhalten. Für jede Spezies."
Seven: "Spricht er für euch alle? Ihr solltet eure Entscheidungen für euch selbst treffen, als Individuen."
 
Logbuch des Captains
Logbuch des Captains, Nachtrag. Harry erholt sich auf der Krankenstation, und der Rest des Außenteams ist sicher und gesund. Was die Drohnen anbelangt, der Doktor hat die meisten ihrer Implantate entfernt, was uns vier sehr beunruhigte Kinder hinterläßt.
 
Star Trek Datenbank
Keine Einträge.
 
Background
Das erste Mal seit der TNG-Episode "Zeitsprung mit Q", welche den (offiziellen) Erstkontakt der Föderation mit den Borg thematisierte, sehen wir in "Das Kollektiv" Borg-Babys und Borg-Reifungskammern. Jedoch basieren die Aussagen der Episode in Bezug auf die Entstehung und Entwicklung der Drohnen auf dem in zwei Punkten fundamental verändertem Wesen der Borg - so wie das bei allen Borgfolgen seit "Zeitsprung mit Q" der Fall ist. Damals waren die Borg erstens eine humanoide Spezies, welche sich normal fortpflanzen kann (allerdings nicht zweigeschlechtlich, da damals  noch alle Borg als geschlechtslos angesehen wurden), wobei die Neugeborenen nach der Geburt in speziellen "Säuglingsstationen" mechanische Implantate eingesetzt bekommen. Zweitens war ihr primäres Ziel die Assimilation neuer Technologien für die Verbesserung ihrer Spezies. Spätestens seit "Star Trek: Der erste Kontakt" (in [TNG] In den Händen der Borg / Angriffsziel Erde war das genaue Wesen der Borg noch recht undurchsichtig) wissen wir jedoch: die Borg sind per defininitionem gar keine Spezies im eigentlichen Sinne, da sie neben der Technologie auch die Lebensformen fremder Rassen assimilieren und es "echte" Borg gar nicht zu geben scheint! Daß die Borg ausschließlich assimilieren und sich nie durch herkömmliche (sexuelle) Fortpflanzung reproduzieren, wurde schließlich in "Die Drohne" endgültig bestätigt. Wie der Werdegang junger Borg nun genau aussieht, erfahren wir hier: die jungen assimilierten Mitglieder eines Spezies verbringen nach ihrer "Borgifizierung", d.h. die Implantatbildung durch die injizierten Nanosonde (nicht mehr primär durch mechanische Prozesse), einige Jahre (bei Seven waren es fünf) in Reifungskammern, wo ihre Synapsen restrukturiert und sie quasi auf biologischem Wege mit dem Kollektiv gleichgeschaltet und zu Ordnung und Harmonie erzogen werden.
Die Herkunft des Weltraum-Virus, das jede Form von kybernetischem Leben angreift, sich selbst an die Borg-Physiologie anpaßt und alle Borg an Bord des Kubus getötet hat (außer die 5 Kinder, welche ja noch in den mit speziellen Schutzmechanismen ausgestatteten Reifungskammern waren und erst aufgrund der durch den Tod der Drohnen verursachten Fehlfunktionen vorzeitig befreit wurden), wird in "Icheb" enthüllt werden, welche die genauen Umstände von Ichebs Assimilierung und die nachfolgende Katastrophe an Bord des Kubus beleuchtet, was jene Episode zu einer Art Fortsetzungsgeschichte zu "Das Kollektiv" macht.
Auch zur vorherigen Episode "Tsunkatse" weist "Das Kollektiv" ungewohnte Kontinuität auf: Mezoti (das Borg-Mädchen) ist Norcadianerin, wie Captain Janeway trotz der "Borgifizierung" auf Anhieb erkennt. Kein Wunder, denn der letzte Landurlaub der Crew fand auf Norcadia statt, dem Hauptübertragungsort der berüchtigten Tsunkatse-Kämpfe... Unklar ist allerdings, wieso Mezoti ihre Welt als einen "Theta Klasse Planetoid mit 260 Millionen Einwohnern" bezeichnet - der Heimatplanet der Norcadianer war doch eindeutig Klasse M (was er entsprechend ihrem humanoiden Erscheinungsbild ja auch sein sollte) und sollte von Milliarden bewohnt werden... Die naheliegendste Erklärung ist, daß Mezoti von einer Kolonie auf einem Mond im norcadianischen System stammt, was auch die geringe Populationszahl plausibel machen würde.
Es ist klar, wieso die Crew der Voyager von den Norcadianern weiß, aber wieso sind ihr die Brunali (Ichebs Spezies) bekannt? Das ist wirklich ein ganz extremer Fall von Kontinuität, der meinen Beifall verdient - denn keiner scheint ihn bisher bemerkt zu haben: Das Erscheinungsbild von Spezies 10026, deren (scheinbar nur teilweise, unter diesem völlig neuen Blickwinkel) Assimilierung Seven im letzten Zweiteiler "Das ungewisse Dunkel" hautnah miterlebt hat, entsprach exakt dem von Icheb mit seiner charakteristischen, nach oben verlängerten Nase! Die logische Folgerung ist, daß die Brunali niemand anderes als Spezies 10026 sind. Daß es sich hier nicht bloß um einen Zufall (und damit um eine besonders ärgerliche Inkonsistenz) handelt, sondern daß die Autoren es wirklich einmal geschafft haben, mich hinsichtlich innerer Kontinuität und Konsequenzen zu verblüffen, beweisen weitere, in "Icheb" gemachte Feststellungen, welche in der Backgroundsektion zu dieser Episode erläutert werden.
Die legendäre Sternenflotten-Pokerrunde - sie ist zurück! Im Teaser spielen Harry, Tom, Chakotay und Neelix das Kartenspiel im Delta Flyer, was starke Erinnerungen an das wöchentliche Pokerspiel der Enterprise-Besatzung in "Star Trek: The Next Generation" erinnert. Auch in dieser Hinsicht scheint sich "Star Trek: Voyager" seinem großen Vorbild annähern zu wollen, zeigte doch bereits "Das Pfadfinder-Projekt" eine (wenn auch fiktive) Pokerrunde mit dem "unschlagbaren" Reg Barclay auf dem Holodeck von Starfleet Communications, und in "Die Voyager-Konspiration" hat Seven mit all ihren Verdächtigungen und wilden Theorien ein "Karten-Haus" gebaut. Na gut, letzteres Beispiel können wir getrost streichen... es wäre wohl selber eine wahnwitzige Hypothese, wollten wir die Autoren schon aufgrund verdächtiger Dialogzeilen des TNG-Plagiats bezichtigen!
Die deutsche Synchronisation hat sich in dieser Episode wieder etwas einfallen lassen, um die allgemeine Stimmung ein wenig anzuheben: sämtliche Kinder werden gesiezt! Bei Icheb und dem "Ersten" mag das noch (bzw. schon) angebracht sein, aber es ist schon lustig, wenn Seven auf Mezotis Bemerkung, ihr Name wäre schön, erwidert "Ja, und es ist ganz allein Ihrer!" Bei einer solchen Mißachtung der Etikette kann man sich die erneute Kritik an der unnötigerweise englischen Aussprache von Namen (Mezoti, Azan, Rebi), die bei Voyager nun mittlerweile schon die zweite Staffel konsequent durchgezogen wird, schon fast sparen...

 

© 1999-2001 by Star Trek Dimension / Webmaster. Letzte Änderung: 18.03.2001