Allgemeines
Originaltitel |
Night |
Produktionsnummer |
195 |
Anmerkung |
Eröffnungsfolge der 5. Staffel |
Erstausstrahlung USA |
14.10.1998 |
Erstausstrahlung BRD |
01.04.2000 |
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Regie |
David Livingston |
Drehbuch |
Brannon Braga |
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- Story
Sternzeit 52081.2 |
Seit anderthalb Monaten durchquert die Voyager ein
"die Leere" getauftes Gebiet des Weltraums, in dem es keinerlei Planeten gibt
und durch eine hohe Thetastrahlung keine Sterne sichtbar sind. Ohne Kontakt zu anderen
Spezies und ohne eine Möglichkeit, Vorräte oder benötige Rohstoffe zu beschaffen, sieht
sich die Crew in dieser Situation vor allem von Langeweile, Einsamkeit und der
Eintönigkeit der täglichen Routine bedroht. Die Stimmung ist sichtlich gereizt, und wird
noch zusätzlich dadurch verschlimmert, daß sich Captain Janeway von ihrer Crew
abkapselt, da sie mehr und mehr von ihren Schuldgefühlen eingenommen wird. Sie fühlt
sich verantwortlich für die mißliche Lage, in der sich die Crew befindet, da sie vor
vier Jahren eine schnelle Heimreise der Voyager auf Kosten der Ocampa ablehnte. Ein
schiffsweiter Energieausfall unterbricht Janeways Überlegungen und zwingt sie zum
Handeln, als fremde Wesen an Bord der Voyager auftauchen ... |
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- Darsteller
Emck |
Ken Magee |
Bewohner der "Leere" |
Steve Dennis |
Dr. Chaotica |
Martin Rayner |
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- Bewertung
- Die erste Episode der 5. Staffel ist - im Vergleich
zu den Eröffnungsfolgen der vergangenen Staffeln - eine eher unspektakuläre, ruhige
Episode, die zwar thematisch nicht mit ihrer Vorgängerfolge "In Furcht und Hoffnung" verbunden ist, wohl aber in ähnlicher Weise die Reise der Voyager
im großen Maßstab betrachtet. Große Schlachten oder ein Kampf ums nackte Überleben
sind so überhaupt nicht notwendig, ist "Nacht" doch eine vielschichtige
Charakterepisode, die die Prämisse von Star Trek: Voyager selbst hinterfragt. War es
wirklich richtig, den Sternenflottenflottenprinzipien immer treu zu bleiben, die Wünsche
der Crew hinten anzustellen und die Voyager auf eine möglicherweise jahrzehntelange Reise
zu schicken, wo sich doch über die Jahre einige Möglichkeiten zur schnellen,
problemlosen Heimkehr geboten haben? "Nacht" beschäftigt sich vor allem mit der
ursprünglichen Möglichkeit aus dem Pilotfilm "Der Fürsorger" selbst: die
Rückkehr mittels der Phalanx, die die Voyager in den Deltaquadranten gezogen hat. Es war
Captain Janeway, die dies aus moralischen Gründen strikt ablehnte, und so ist es in
dieser Folge Captain Janeway, auf deren Zweifel in Bezug auf diese Entscheidung sich die
Handlung konzentriert. Die Leere, in der die Crew - als der Wirklichkeit gewordene
Alptraum einer Reise durch den Deltaquadranten - noch zwei Jahre zubringen muß, ist dabei
die glaubwürdige Ursache für die Enthüllung von Janeways lange Zeit verborgen
gebliebenes Trauma sowie die vielfältigen Gefühle und Ängste der anderen
Besatzungsmitglieder. Sie ist ein psychologischer Indikator und Charaktertest für die
Voyagercrew - der Titel "Nacht" wird somit ambivalent für die äußere
Situation (die Leere) als auch - in Anlehnung an das literarische Motiv des Barock und der
Romantik, das den Tod, aber auch einen Schwebezustand wie Schlaf oder Traum betreffen kann
- die innere Gemütslage der Crew. Inwieweit hat sie diese wirklich mit den Umständen
abgefunden und das Heimweh überwunden, inwieweit ist sie bereit, die Reise in der
bisherigen Form auch unter widrigeren Umständen als während der bisherigen
"Vergnügungsfahrt" fortzusetzen? "Nacht" beantwortet diese Fragen vor
allem in Hinblick auf Captain Janeways Schuldgefühle und den Wunsch der Crew, die sich
ganz ins Privatleben zurückzieht und sich diversen Freizeitaktivitäten hingibt, nach
mehr Abwechslung (selbst ein Kampf mit den Borg wird der gegenwärtigen Situation
vorgezogen) subtil, aber sehr ausführlich. Während dieser eine Aspekt der Episode eine
bei der sonst so strikt episodenorientierten Serie ungewohnte Kontinuität zu früheren
Ereignissen und dem episodenübergreifenden Thema der Serie schafft, ist der zweite Teil,
der mit der Infiltration des Schiffes durch die Fremden und dem Auftauchen der Malon
beginnt, längst nicht so tiefgründig, bietet dafür aber als Ausgleich zu den ruhigen
Momenten mehr Aktion. Gleichzeitig wird jedoch mit der Aufdeckung der verantwortungslosen
Müllentsorgung der Malon, die aus reiner Profitgier ein ganze Spezies zum Tode
verurteilen, in bester Star Trek Tradition ein typisches Problem der Gegenwart behandelt
und damit neben der Charakterhandlung ein moralischer Hintergrund aufgebaut. Über die
Produktionswerte der Episode müssen nicht viele Worte verloren werden: Bilder und
Kameraführung sind ein Augenschmaus und weisen eine der Handlung angemessene Subtilität
auf (etwa die Überblendungen mit Hilfe der schwarzen Fenster), die Musik ist
überraschend erfrischend und an Special Effects wird nicht gegeizt. Auch die witzigen
Einlagen der Episode in Form des neuen "Captain Proton" Holoromans, einer Art
Parodie auf die frühen Science Fiction Serials, können voll überzeugen. Daß man
"Nacht" am Ende leider trotzdem nicht als rundum gelungen bezeichnen kann, liegt
vor allem an Kleinigkeiten, was umso ärgerlicher ist. Teilweise wirken Handlungsweisen
von Personen unnatürlich oder konstruiert, und die plötzliche Lösung des Problems, daß
Captain Janeway noch Sekunden davor mit dem äußersten Mittel (dem Einsatz ihres Lebens)
angehen wollte, ist doch etwas unglaubwürdig. Viele Fragen bezüglich der beiden
vorgestellten Spezies, insbesondere der "Bewohner der Leere" bleiben
unbeantwortet. Besonders ärgerlich sind die vielen logischen Fehler, allen voran die
sogenannten "Antimaterierückstände" des Warpantriebs, die es bei einer M/AM
Reaktion physikalisch gar nicht geben kann (Antimaterie annihiliert im normalen Raum durch
den Kontakt mit Materie vollständig zu Energie).
Alles in allem ist aber Nacht trotz alledem eine großartige Episode mit ausgezeichneten
Charakterstücken und einem starken moralischen Thema, auch wenn die eine oder andere
Sache den Spaß am Zuschauen trübt.
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- Zitate
Paris/Capt. Proton: "Das
Spiel ist aus, Eure Majestät!"
Chaotica: "Captain Proton!"
Paris/Capt. Proton: "Raumfahrer erster Klasse, Beschützer der Erde,
Geißel des intergalaktischen Übels... zu ihren Diensten." |
Paris: "Doktor,
das ist das letzte Kapitel: 'Satans Roboter erobern die Welt'. Wir können jetzt nicht
aufhören!"
Doktor: "Bedeutet ihnen die Phrase 'Fortsetzung folgt'
irgend etwas?"
Paris: "Schauen Sie sich um. So sah das 20.
Jahrhundert die Zukunft. Wir studieren hier Soziologie."
Doktor: "Vielleicht könnten Sie einen Kurs an der
Sternenflottenakademie geben: 'Satans Roboter: ein historischer Überblick'" |
B'Elanna: "Der
Warpkern ist in Ordnung... wie letzte Woche... und die Woche davor..."
Tuvok: "Es gibt einen plötzlichen Anstieg von Thetastrahlung in
der Umgebung."
Paris: "Endlich etwas Aufregung: Strahlung!" |
B'Elanna: "Du
willst dich doch jetzt nicht mit mir streiten - nicht zum 3 Uhr morgens!"
Paris: "3 Uhr morgens, 4 Uhr nachmittags - wo liegt der
Unterschied? Du bist 24 Stunden pro Tag verärgert. Warum stellen wir nicht einen Plan auf
- eine Streitrotation. Wir können unsere Ressourcen optimieren. Ich kann einen starten,
du kannst einen starten ..." |
Doktor: "Nihiliphobie: die Angst vor
dem Nichts. Oder laienhaft ausgedrückt: die Angst... vor dem Nichts." |
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- Logbuch
Logbuch des 1. Offiziers, Sternzeit 52081.2. Es ist 53 Tage her seit wir in diese verlassene
Region hineingeflogen sind. Wenn wir unseren Kurs nach Hause fortsetzen wollen, haben wir
keine Wahl und müssen sie durchqueren. Wir werden keine Gelegenheit bekommen, neue
Vorräte oder Treibstoff aufzunehmen, so daß ich allen Abteilungen befohlen habe, eine
Energiereserve anzulegen. Wir benutzen Energiezellen, um Deuterium zu horten. In gewisser
Weise ist dies die schwierigste Zeit für ein Raumschiff - zu wissen, daß jeder Tag genau
wie der vorangegangene sein wird. |
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- Star Trek Datenbank
"Die Leere" ist ein Gebiet des
Weltraums mit einem Durchmesser von 2500 ly, in dem es keinerlei Sterne oder
Planetensysteme gibt. Durch eine natürliche Thetastrahlung im gesamten Gebiet sind aber
auch die außerhalb der "Leere" liegenden Sterne sind sichtbar, so daß dieses
Gebiet des Weltraums von völliger Dunkelheit geprägt ist. |
Die in der "Leere" heimische Spezies,
deren Name nicht bekannt ist, lebt schon seit Millionen von Jahren in diesem Teil des
Weltraums und hat sich an die extremen Bedingungen (keine Sterne, keine Planeten, nur
leerer Raum) angepaßt, z.B. durch eine dunkelbraune, schuppige Haut und Augen, die im
Dunkeln sehr gut sehen können, während sie durch helles Licht geblendet werden. Die
Bewohner der "Leere" scheinen dabei auf ihren Raumschiffen zu leben, was
vermuten läßt, das sie als Prä-Warpzivilisation außerhalb des Raumgebiets auf einem
Planeten gelebt haben müssen, oder daß es doch Asteroiden oder Planetoiden in der
"Leere" gibt, auf dem sie sich entwickelt haben. Die extrem hohe Thetastrahlung,
die die industriellen Abfälle abstrahlen, welche die Malon seit Jahren in der
"Leere" zurücklassen, schädigt die Wesen nachhaltig, so daß das gesamte Volk
zum Zeitpunkt der Ankunft der Voyager im Sterben liegt. |
Die Malon sind eine warpfähige, industriell
weit fortgeschrittene Zivilisation, die pro Tag Billionen von Isotonnen an industriellen
Abfallstoffen sowie große Mengen an Thetastrahlung produziert, vornehmlich durch M/AM
Energieerzeugungsprozesse auf den Malon-Raumschiffen und in planetarischen Einrichtungen.
Diese Rückstände können sie nur mit großem Aufwand entsorgen, da ihnen Verfahren zum
Recycling bzw. zur Konvertierung nicht bekannt sind. Deshalb ist die Entsorgungsindustrie
in der profitorientierten Malongesellschaft sehr weit entwickelt; die schnelle und
preisgünstige Beseitigung der unerwünschten Nebenprodukte stellt ein lukratives
Geschäft dar. |
Der Malon Controller Emck und seine Crew sind
ebenfalls in der Abfallentsorgungsindustrie tätig, wobei sie als einzige die Möglichkeit
entdeckt haben, den transportierten Müll in "der Leere" abzuladen, und damit
ihre Kosten zu halbieren. Das sie dadurch die heimische Spezies schädigen, ist ihnen
egal. |
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- Background
Die Malon erinnern ein wenig an die ebenfalls materialistisch geprägten, untersetzten
und im Gesicht faltigen Pakled aus [TNG] Das Herz eines Captains,
die allerdings sowohl in Bezug auf ihre Intelligenz als auch ihre Technologie wesentlich
weiter zurückgeblieben sind. |
Nach langer Zeit zeigt "Nacht" endlich, daß Harry das Klarinette-Spielen
nicht verlernt hat - immerhin war er laut "Der Fürsorger"
einst sogar im Julliard Jugendsinfonieorchester. Hier spielt er auf der Brücke das
selbstkomponierte "Echos der Leere" - ein passendes Stück für die Stimmung der
Crew! |
Das neue "Captain Proton" Holodeckprogramm, mit das erstmals
Tom Paris' bisher nur erwähnten Vorliebe für B-Movies ("Vor
dem Ende der Zukunft") und natürlich auch seiner seit der 1. Staffel
bekannten Affinität für das 20. Jahrhundert Rechnung trägt, ist natürlich eine Hommage
an die billig-produzierten, aber kultverdächtigen US-Science Fiction Serials der 40er und
50er Jahre. Eine besonders große Ähnlichkeit besteht zu "Flash
Gordon", ursprünglich einem Comic Strip um die Abenteuer des irdischen
amerikanischen Footballspielers Flash Gordon (aka Captain Proton), der eher unfreiwillig
an einer Rettungsmission des umstrittenen Dr. Zarkov teilnimmt. Dieser erkennt die
jüngsten Naturkatastrophen auf der Erde als die Vorboten der totalen Vernichtung der
Erde, die von dem sadistischen intergalaktischen Imperator Ming (aka Dr. Chaotica)
angestrebt wird. Roboter, Strahlenwaffen, luftig gekleidete Frauen - all diese
Eigenschaften der frühen Science Fiction (die wir auch noch aus der klassischen Star Trek
Serie von 1965 kennen!) parodiert "Captain Proton". Mit einer Fülle weiterer
Referenzen wird das Holoprogramm - ähnlich wie das in "Skorpion"
vorgestellte Leonardo da Vinci Programm mit "Apropos Fliegen",
in einer eigens dafür geschriebenen Episode wiederkehren: "Chaoticas
Braut". Übrigens: die originalen Flash Gordon Serials von 1940 kann man sich auf
dieser Website kostenlos anschauen. |
Als allererstes Holodeckprogramm bei Star Trek zeigt sich "Captain Proton"
ganz in Schwarz-weiß - selbst die realen Darsteller erscheinen dank einer
wissenschaftlich wenig glaubwürdigen, aber witzigen "spektralen Anpassung"
monochromatisch, um die dreidimensionalen Umsetzung der frühen SF-Serials authentischer
und stilechter zu gestalten. Übrigens sollte schon einmal eine Holodeckepisode für mehr
Authenzität teilweise in Schwarz-weiß gedreht werden: die 1988 produzierte, mit dem
George Foster Peabody Award ausgezeichnete TNG-Folge "Der
große Abschied". Das in jener Episode gezeigte Holodeckprogramm, eine Dixon
Hill Detektivgeschichte, war ebenfalls als Hommage gedacht, allerdings an den Film noir
der 40er Jahre. Der Autor Tracy Tormé und der Regisseur der Episode setzten sich dafür
ein, die entsprechenden Szenen in Schwarz-weiß zu filmen, doch stießen damals noch auf
die Ablehnung von Rick Berman und Bob Justman, die ihre Entscheidung vor allem mit der
Unmöglichkeit, Picard und seine Crew farblich zu verändern, begründeten. Nun, die
Zeiten scheinen sich geändert zu haben... |
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