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133. Das Mahnmal



Allgemeines
Originaltitel Memorial
Produktionsnummer 236
Erstausstrahlung USA 02.02.2000
Erstausstrahlung BRD 02.03.2001
 
Regie Allan Kroeker
Drehbuch Robin Burger
Story Brannon Braga
 
Story
Tom Paris, Chakotay, Harry Kim und Neelix kehren mit dem Delta Flyer von einer anstrengenden, mehrwöchigen Außenmission, auf der sie in mehreren Planetensystemen Dilithiumerz gesammelt haben, zur Voyager zurück. An Bord merken sie schnell, daß mit ihnen etwas nicht stimmt. Tom Paris sitzt in seinem neuen, im Stil des 20. Jahrhunderts eingerichteten Quartier, als er vor seinen Augen Bilder sieht, wie er durch einen dichten Wald rennt und kämpft. Harry ist allein in der Jeffriesröhre, wo er Schreie und Schüsse hört und einen Angstanfall bekommt. Auch Neelix, der im Kasino Naomi gefangenhält und sich mit den Sicherheitskräften ein Phasergefecht liefert, erlebt realistische Visionen von einem Kampf, in den scheinbar alle vier verwickelt waren. Obwohl man es zuerst für Träume oder Halluzinationen hält, findet der Doktor heraus, daß es sich um echte Erinnerungen handelt. Während sich die Voyager auf den Weg macht, um die Mission des Delta Flyers zurückzuverfolgen und den Ort zu finden, an dem sich die Ereignisse zugetragen haben, fügen sich für die Mitglieder des Außenteams die Puzzlestücke langsam zusammen: sie erleben die Erinnerungen an ein Massaker, in dem sie die Rolle der Täter innehaben ...
 
Darsteller
Cmd. Saavdra L.L. Ginter
 
Bewertung
Ein völlig verwirrter Tom Paris schreit B'Elanna an. Neelix, in Todesangst, bedroht im Kasino ein Sicherheitsteam mit einem Phaser. Harry Kim verliert im Konferenzraum die Beherrschung. Und Captain Janeway stehen im Astrometrischen Labor Tränen in den Augen.
Allein an einzelnen Szenen wir klar, daß "Das Mahnmal" eine der dunkelsten Episoden der Serie ist, gegen die die vorangegangenen Folgen - trotz ihrer ernsten Hintergrundthemen - wie leichte Unterhaltung wirken. Würde die Handlung nicht in der bekannten Umgebung stattfinden und von den üblichen Charakteren getragen werden, könnte man sogar bezweifeln, daß es sich noch um eine Folge von Star Trek: Voyager handelt. Zu sehr unterscheidet sich "Das Mahnmal" im Gesamteindruck -   Hintergrundthema, Charakterdarstellung, Interaktion, selbst Beleuchtung und Musik - vom konventionellen Roddenberry'schen Star Trek, und ähnelt damit sehr einer ebenfalls umstrittenen, frühen Episode der dritten Staffel, "
Das Hochsicherheitsgefängnis", welche den Überlebenskampf von Harry Kim und Tom Paris in einem Aliengefängnis zeigte. Grundlage von "Das Mahnmal" ist ein Massaker an 82 unschuldigen Zivilisten, welches umso entsetzlicher ist, weil weder die Angreifer noch die Angegriffenen ein Blutvergießen wollten und es durch eine unklare Begegebenheit - Zufall, Mißverständnisse, Fehleinschätzungen - ausgelöst wurde. Das Monument, das zum Gedenken an die damals Gestorbenen errichtet wurde, stellt dabei die wohl extremste Form von Mahnmal dar, die man sich vorstellen kann: nicht durch überlieferte Texte, nicht durch Bilder, nicht durch Filme oder virtuelle Simulationen werden die Besucher an die furchtbaren Ereignisse erinnert, sondern durch eine direkte Transmission der Realität in den zerebralen Kortex - ungeschnitten, unbeschönigt, die Wahrheit. Diese Prämisse ist auch der Knackpunkt der Episode, mit dem diese steht oder fällt. Es hängt davon ab, wie der Zuschauer das Mahnmal der Nakan sieht - Ist es eine  perfekte, absolut notwendige Einrichtung gegen das Vergessen, oder eine brutale Technologie zur gezielten geistigen Vergewaltigung unschuldiger, nichtsahnender Vorbeireisender? Während die (vermutlich) objektiv richtige Sichtweise irgendwo zwischen diesen beiden Extremen und näher am "Gegen das Vergessen" liegen mag, wie die Entscheidung Captain Janeways am Ende der Episode zeigt, werden die indivuellen, subjektiven Meinungen sicher ebenso weit auseinandergehen. Die Nakan haben höchstwahrscheinlich die besten Absichten mit der Errichtung des Mahnmals verfolgt, doch haben sie das Recht, auch Jahrhunderte nach dem Ereignis  völlig unbeteiligte Leute damit zu "belästigen"? Wir Zuschauer, die wir die psychischen und physischen Leiden erst des Außenteams, dann der ganzen Crew in verzweifelten, düsteren Bildern (etwa im zur Krankenstation umfunktionierten Kasino), großartig umgesetzt von Regisseur Allan Kroeker,  haben mitansehen müssen, werden dies eindeutig verneinen. Die Crew stellt sich die Frage ebenfalls, als über Deaktivierung oder Reparatur des Mahnmals diskutiert wird. Ihre Meinung ist ebenso gespalten, doch viele - auch jene, die das Massaker am intensivsten "miterlebt" haben - befürworten eine Reparatur. Wieso? Die gebrachten Argumente mögen an der Oberfläche bleiben bzw. den Kern verfehlen - es wurde viel Zeit und Mühe in den Bau investiert, und die Opfer des Massakers "verdienen" ihr Mahnmal - doch verfolgt man die von der Episode aufgeworfenen Gedanken weiter, findet man eine Erklärung. Insbesondere wenn man miteinbezieht: Wieso haben die Nakan nicht ein weniger drastisches Mittel zur Überlieferung gewählt? Text, Bild, Ton - das sind nur Abbilder der Realität. Sie werden von unserem Gehirn anders bewertet als die Erfahrungen, die wir selbst machen und die Ereignisse, die wir "am eigenen Leib" zu spüren bekommen. Dies gilt bereits uneingeschränkt für den Menschen des 20. Jahrhunderts und verstärkt für jene, die während der letzten Jahrzehnte im Medien- und Informationszeitalter geboren wurden. Trauern wir wirklich mit den durch einen Bombenangriff zu Waisen gewordenen Flüchtlingskindern? Hinterläßt der Flugzeugabsturz mit hunderten Toten einen bleibenden Eindruck auf uns? Solange wir nicht direkt oder indirekt persönlich betroffen sind, lautet die ehrliche Antwort: NEIN! Wir registrieren das Geschehene, denken vielleicht ein paar Sekunden bis Minuten darüber nach, doch es beeinflußt weder unsere Einstellung zum Leben noch lernen wir in irgendeiner Form etwas daraus. Wäre es anders, würden alltägliche Erscheinungen wie Kriminalität, Sucht und Gewalt - ob nun verbal oder körperlich - drastisch zurückgehen, da ja alle die schrecklichen Folgen für die Opfer aus dem Fernsehen kennen. Es würde keine Gasattacken auf japanische Fahrgäste und keine Massenmorde mehr geben, angesichts der Schrecken des Holocausts im zweiten Weltkrieg. Ein "historisches" Bewußtsein, um in der Zukunft Ausuferungen dieser Art zu vermeiden? In Wahrheit ist das nicht mehr als ein guter Vorsatz! Wenn wir es mal objektiv betrachten: aufgrund der "emotionalen Distanz" sind wir doch gar nicht in der Lage, uns in diese hineinzuversetzen, mal davon abgesehen, daß wir durch das "gezielte Training" der Medien sowieso völlig abgestumpft sind. Auch wenn letzteres für die gereifteren und damit sicher auch für derartige Sendungen zugänglicheren Menschen des 24. Jahrhunderts nicht mehr zutreffen wird, so gilt doch generell - biologisch bedingt durch die zu geringe Empfindsamkeit unseres Gehirns - das gleiche. Dagegen dürften die übermittelten "konservierten" Erinnerungen anderer von unserem Gehirn wie die eignenen behandelt werden und entsprechende Konsequenzen die Folgen sein. Für die "Opfer" des Mahnmals bedeutet das: dadurch, daß die permanent implantierten, "eigenen" Empfindungen zum Verlauf des Massakers die Situation der Siedler wirklich nachvollziehbar machen und dabei helfen, sich in ihre Lage hineinzuversetzen, werden sie zweifellos auch die Weltsicht und die persönliche Bewertungsbasis jedes einzelnen verändern. Und es wird sie dauerhaft davon abhalten, vergleichbares zu tun. Keiner wird auf die Idee kommen, in einer angespannten Situation rohe Waffengewalt gegen Unschuldige einzusetzen, im Bewußtsein, daß es jederzeit zur totalen Eskalation kommen kann. Im Klartext heißt das: neben dem Wachhalten der Erinnerung geht es vor allem auch um die Prävention. In "Das Erinnern" erlebte B'Elanna Torres die Erinnerungen einer alten Frau an die Ghettoisierung und Vernichtung einer unterdrückten Minderheit auf ihrem Planeten. Allein diese Erinnerung veranlaßte sie, mit all ihrer Kraft für die Wahrheit einzutreten und gegen die Vertuschung bzw. Banalisierung der Geschichte anzukämpfen. Hätte sie genauso gehandelt, wenn die Frau es ihr einfach erzählt hätte? Die Botschaft von "Das Mahnmal", wie sie durch den Handlungsausgang indirekt ausgdedrückt wird, geht in die gleiche Richtung: die Einrichtung der Nakan ist die wohl effektivste Methode zur Aufklärung über Fehler und deren Folgen und zum Schutz vor Wiederholungen. Der Mensch ist fehlerhaft, und kann nur aus eigener Erfahrung wirklich etwas lernen. Die Erbauer des Mahnmals haben - Tuvoks Bemerkung zum Trotz - nur logisch gehandelt: ergo, der Mensch muß es selber erfahren. Ein letztes Problem dabei, daß die Episode bewußt verschweigt, ist jedoch die Frage nach der Authenzität. Wer garantiert, daß die übermittelten Erinnerungen nicht ebenso fehlerhaft sind wie die Propaganda-Gehirnwäsche wie im thematisch ähnlich gelagerten "Nemesis"? Wir wissen, daß das Mahmal an Energieausfällen litt und deshalb nur bruchstückhafte Transmissionen die Voyagercrew erreichten - was natürlich eine Storyvorrichtung der Autoren ist, um nicht von Anfang an den kompletten Verlauf der Ereignisse zu verraten, sondern Schritt für Schritt das Puzzle zusammenzufügen. Nichtsdestotrotz ergibt sich dadurch die Möglichkeit, daß unbeabsichtigt Informationen unterschlagen, anders gewertet oder verfälscht wurden. Diese Möglichkeiten sind anhand der gegeben Informationen nicht auszuschließen, doch die Episode gibt uns keine Antwort darauf, wohl auch, weil es nicht zu ihrer Aussageabsicht gehört und diese "verwässern" würde. Unter Statements wie "Du sollst keinen fremden Erinnerungen glauben" oder "Dieses Massaker könnte auch eine Erfindung sein"  würde die Botschaft der Notwendigkeit von (auch unschönen) Erinnerungen zur charakterlichen Reifung und Prävention mehr oder weniger untergehen. Geschichte wird von Menschen geschrieben und ist sowohl relativ als auch subjektiv, doch brauchen wir soetwas wie eine "unumstößliche Wahrheit", um für unser Leben in der Gegenwart einen festen Bezugspunkt zu haben. Deshalb beharren auch unterschiedliche Völker so hartnäckig auf ihrer Sicht der Geschichte, und deshalb kam so manchem Zuschauer auch das Ende von "Nemesis" so falsch vor - eine ganze Episode hat man uns den Feind in all seiner Bösartigkeit gezeigt, wie er Unschuldige quält und tötet, und dann soll alles eine Lüge sein? Das ist nur äußerst schwer zu glauben. Diese Erklärung für die Glaubwürdigkeit der Nakan mag nicht logisch sein, aber sie ist... subjektiv und menschlich - so wie die meisten Themen und Aspekte von "Das Mahnmal". Wegen ihrer Sichtweise der Dinge will ich der Episode deshalb keinen Vorwurf machen, allenfalls für die ungenügende Vertiefung des Themas. "Das Mahnmal" ist kein "Verborgenes Bild" oder "Überlebensinstinkt". Ethische Diskussionen, ebenso wie Charakterisierungen, bilden nur die Grundlage, nicht den Stoff der Episode, welche sich stattdessen ganz auf die Kraft ihrer (für Voyager ziemlich extremen) Bilder verläßt, die umso heftiger und zermürbender erscheinen, da sie die Crewmitglieder - ebenso wie den Zuschauer - ganz unerwartet in der heilen Voyager-Welt treffen - nicht in einer Gefängnisstation irgendwo im All wie in "Das Hochsicherheitsgefängnis", nicht auf einem fernen Dschungelplaneten wie in "Nemesis", sondern an Bord des Sternenflottenschiffs. Insgesamt betrachtet wendet die Folge eigentlich die gleiche "Holzhammer-Methode" wie die Nakan an, um ihr Anliegen zu vermitteln - daß das Resultat ebenso umstritten ist, muß ich sicher nicht sagen. Das "Das Mahnmal" trotz aller Andersartigkeit nicht völlig falsch liegen kann, zeigt das - leider etwas zu abrupt und kurz geratene - Ende, das eine wirklich Star Trek-konforme (und meines Erachtens optimale) Lösung des Problems beinhaltet: Captain Janeway setzt einen Kompromiß bzw. eine Synthese der beiden gegensätzlichen Möglichkeiten (Reparatur und Quälung ahnungsloser Vorbeireisender oder Abschaltung und Zerstörung des Vermächtnisses) durch - die Funktionstüchtigkeit des Mahnmals wird aufrechterhalten, damit es seine Botschaft weiter versenden kann, wobei die Reparatur allzu traumatische Erfahrungen, wie sie die Crew gemacht hat, eigentlich unterbinden sollte (normalerweise werden die Erinnerungen ja "im Block", also wesentlich besser verkraftbar, gesendet),
aber Warnbojen sollen sicherstellen, daß nur jene Personen erinnert werden, die dies auch wünschen.
Was auch immer man letztendlich von das "Das Mahnmal" hält, ob man die offenen Fragen, kleineren Plotfehler oder die allgemein etwas einseitige, zu wenig das "Pro" und das "Contra" abwägende Sichtweise nun als genug Grund für ein Scheitern sieht, es steht außer Frage, daß sie kontrovers ist, provoziert und zum Nachdenken anregt - trotz oder vielleicht sogar wegen der ungewohnt harten Gangart. Und dies sind für mich die Garanten für eine gelungene Star Trek Episode.
02.03.2001

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Zitate
Tom: "Was ist denn das?"
B'Elanna: "Nun, daß nennt man 'Werbespot'. Meinen Nachforschungen zufolge haben sie sie in die Unterhaltungssendungen eingefügt."
Tom: "???"
B'Elanna: "Ich weiß, es ist verwirrend. Aber ich habe sie wegen der Authentizität dringelassen."
[...]
B'Elanna: "Du hast nicht viel verpaßt während du weg warst. Der Doktor hat einen Vortrag über im Deltaquadranten heimische Insekten gehalten."
Tom: "Oh! Hockey!"
B'Elanna: "Es war eine Schande daß wir den Vortrag abkürzen mußten, aber der Warpkern überlud sich und die Borg drangen ein und wir wurden alle assimiliert."
Tom: "Hm hm."
Seven: "Ihre Lieblingsspeisen. Talaxianischer Eintopf und Terranuß-Soufflé. Das Soufflé ist etwas zusammengefallen, aber der Nährstoffgehalt ist unversehrt."
Janeway: "Wir haben diese Leute ermordet!"
Saavdra: "In Notwehr!"
Janeway (zu Saavdra): "Wenn das wahr wäre, würden wir die Beweise nicht vernichten!"
Janeway
(zu einem jungen Soldaten): "Sie müssen ihm nicht gehorchen! Wir müssen es die Leute wissen lassen! Wir haben in Panik gehandelt, sie werden es verstehen!"
Neelix: "Seven? Als Sie ein Borg waren, waren Sie in einige... unschöne Aktivitäten verwickelt."
Seven:
"Ich half dabei, Millionen zu assimilieren."
Neelix:
"Ich wollte nicht rücksichtlos sein. Aber... fühlen Sie Scham für das, was Sie getan haben?"
Seven:
"Häufig."
Neelix:
"Wie schaffen Sie es, da weiterzumachen - mit der Gewißheit, daß sie solch entsetzliche Dinge getan haben?
Seven:
"Ich habe keine Wahl."
Neelix:
"Schuld ist irrelevant?"
Seven:
"Im Gegenteil. Meine Reuegefühle helfen mir, mich daran zu erinnern, was ich getan habe, und halten mich davon ab, in der Zukunft auf ähnliche Weise zu handeln. Schuld kann ein schwieriges, aber nutzbringendes Gefühl sein."
Janeway: "Ich weiß, daß es für Sie vier am härtesten war. Aber wenn Sie nicht bei diesem Planeten angehalten hätten, wären all die Leute, die hier gestorben sind, in Vergessenheit geraten. Und ich weiß, wenn sie könnten, würden sie ihnen danken."
 
Logbuch des Captains
Logbuch des Captains, Nachtrag. Wir sind in das System eingetreten, wo das Außenteam seine kürzliche Untersuchung abgeschlossen hat, in der Hoffnung, eine Erklärung für ihre Erinnerungen an das nakanische Massaker zu finden.
 
Star Trek Datenbank
 
 
Background
Um die Bedeutung des Mahnmals der Nakan selbst für jene Leute, die nicht in irgendeine Weise in dieses lange zurückliegende Geschehnis verwickelt sind, zu untermauern, führt Captain Janeway zwei andere Beispiele für die Ehrung der Toten eines Massakers an: der Obelisk von Kithomer und die Felder von Gettysburg. Während ersterer auf ein Ereignis der Star Trek Geschichte hinweist - das Khitomer-Massaker von 2346, welches in [TNG] Die Sünden des Vaters näher erläutert wurde -, stammt letzteres Beispiel aus der realen Geschichte. Und dieses hätte nicht unpassender sein können. Die "(Schlacht)Felder von Gettysburg" sind nicht etwa ein Ort des Gedenkens an ein Massaker an Zivilisten (wie es sowohl bei der Nakan-Kolonie als auch bei Khitomer der Fall war) ist, sondern der nationale Soldatenfriedhof (!) zu Ehren der in der "Schlacht von Gettysburg" Gefallenen, einer überaus blutigen Auseinandersetzung zwischen den Truppen der Nord- und Südstaaten! Natürlich wird diese Schlacht im Juli 1863 als der Wendepunkt im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-65) und als der mystifizierte Ausgangspunkt für die Geburt eines vereinigten Nordamerikas angesehen, so daß die Einbeziehung in jede amerikanische Serie eigentlich nur eine Frage der Zeit ist (bereits [TNG] Die Entscheidung des Admirals erwähnte ja eine "USS Gettysburg"). Es ist mir allerdings unklar, wieso eine zukunftsweisende Serie wie Star Trek die erneute, patriotische Zurschaustellung amerikanischer Militärgeschichte nötig hat, wo doch Gene Roddenberry selbst gegen den "kleinlichen Nationalismus" (wie er immer wieder betonte) der heutigen Zeit war, und es grenzt schon fast an einen Skandal, daß einer aufgeklärten Frau des 24. Jahrhunderts wie Captain Janeway solch ein pathetischer Unsinn in den Mund gelegt und damit ein zweifellos rückständiges Denken angehängt wird.
Nun hat es also auch Seven erwischt. Nachdem wir seit "Die Voyager-Konspiration" nichts mehr von Captain Janeways bemitleidenswerten Kochkünsten gehört haben, darf nun einmal Seven Kreativität in der Küche zeigen: ein von ihr für Neelix zubereitetes Terranußsoufflé ist nicht ganz so gelungen wie sie es sich erhofft hatte... Es scheint fast so, als wollten die Autoren auch zum Thema "Rollenverteilung im 24.Jahrhundert" einen sinnvollen Beitrag leisten. Immerhin war Ben Sisko ein formidabler Koch, und auch William Rikers Kreationen sind nicht zu verachten (das kulinarische Desaster in [TNG] Die Zukunft schweigt war den Eiern, nicht Rikers "Können" zu verdanken!)
Die Szene ist übrigens - unfreiwillig - wesentlich komischer als im amerikanischen Original und zeigt einmal in amüsanter Weise, was die Unsitte der Übersetzer der Synchronstudios, sämtliche Texte möglichst wortwörtlich und mit Fremdwörtern statt den (in Bezug auf den Kontext) korrekten deutschen Entsprechungen zu übersetzen, für Folgen haben kann. Im Original sagt Seven über das Soufflé: "It is slightly collapsed." (Es ist leicht zusammengefallen). Die deutsche Übersetzung macht daraus ein feinfühliges "Es ist kollabiert." Wenn das nicht Seven-typischer Holzhammer-Humor ist! Wobei sich die Frage stellt, ob dieser in einem eher subtilen Moment der Sensibilität zwischen Seven und Neelix nicht etwas fehl am Platze ist...
Die Szene im Konferenzraum, in dem die Mitglieder des ursprünglichen Außenteams - Chakotay, Tom Paris, Harry Kim und Neelix - die übereinstimmenden Ereignisse in ihren Träumen, Visionen bzw. Halluzinationen zusammentragen, wobei ihnen Captain Janeway und der Doktor hilfreich zur Seite stehen, erinnert sehr an eine Zusammenkunft aus [TNG] In den Subraum entführt, welche dem gleichen Zweck diente: herauszufinden, was Crewmitglieder (damals Cmd. Riker, Lt. Worf und mehrere Gastdarsteller, wobei natürlich Counselor Troi - ebenfalls im Konferenzraum - "den Vorsitz führte"), die unter den gleichen, mysteriösen Symptomen leiden (in beiden Fällen Bruchstücke von Erinnerungen, die - in der TNG Folge fast immer nur unterbewußt - an die Oberfläche kommen), gemeinsames erlebt haben.
Die Inschrift des Mahnmals, das dem rituell genutzten Bauwerk aus [TOS] Der Obelisk ähnelt, lautet übersetzt:

Worte allein können das Leiden nicht vermitteln,

Worte allein können nicht verhindern, daß das, was hier passiert ist, noch einmal geschieht.

Hinter den Worten liegt das Erleben.

Hinter dem Erleben liegt die Wahrheit.

Macht Euch diese Wahrheit zueigen.

 

© 1999-2001 by Star Trek Dimension / Webmaster. Letzte Änderung: 03.03.2001