Viele Fans meinen, daß "Die
Voyager-Konspiration" eine eher mittelmäßige, billig produzierte
"Bottleshow" ist, die die hohen Standards an Qualität und Ausführung, welche
die bisherigen Episoden der 6. Staffel in einer beispiellosen Abfolge exzellenter
Geschichten gesetzt haben, bei weitem nicht erreichen kann.
Ich kann mich diesem Urteil nicht anschließen, im Gegenteil: allen Mängeln zum Trotz,
die die Episode zugegebenermaßen hat, verkörpert sie für mich im besonderem Maße das,
was ich bereits im Review zur vorherigen Episode ("Ein kleiner Schritt") festgestellt habe: Star Trek Voyager
hat das Niveau von der legendären Next Generation mit der 6. Staffel tatsächlich fast
erreicht. Dabei meine ich weniger die Qualität (die - das dürfen wir nicht vergessen -
auch in den letzten Staffeln von TNG nicht immer 100% war) denn die spezielle Atmosphäre,
der sich mit dieser Serie und Star Trek im allgemeinen verbindet. Es ist der
unerschütterliche (wenn auch unrealistische) Roddenberry'sche Optimismus, die Vision der
Hoffnung und Zuversicht, der Glaube an die Möglichkeiten, die sich - trotz aller Gefahren
- mit Forschung und Wissenschaft eröffnen, die "Die Voyager-Konspiration" in
ihrer Grundstimmung vermittelt: Seven versucht, ihren Alkoven zu verbessern, um die
eigenen Möglichkeiten zu erweitern und der Crew zu helfen. Das sie dabei an ihre eigenen
Grenzen stößt, die ihr nun, da sie mehr Mensch als Borg ist, weit enger gesetzt sind als
früher, als sie noch die der Perfektion sehr nahen Drohne war, ist tragisch, aber was vor
allem zählt, ist der bloße Wille, der Versuch, voranzukommen. Chakotay möchte einen
nicht unwesentlichen Abstecher zu einem Nebel machen ("Wir sind doch Forscher"),
der nüchtern betrachtet wohl kaum von Interesse wäre, doch sein Wille zur Erforschung
wird gleichwohl belohnt: das "Weltraumkatapult" wird entdeckt. Dabei ist trotz
aller Verwicklungen der "Außerirdische der Woche" kein hinterhältiger
Verbrecher, nur ein freundlicher Weltraumreisender, der während seiner Forschungen einen
Rückschlag erlebte, aber trotzdem nicht aufgegeben hat. Letztendlich führt sein
Optimismus zum Erfolg - er kommt noch Hause. Auch die Crew der Voyager, die hier einmal
als eine wirkliche Familie im Stil der "Next Generation", als eine Gemeinschaft
von Freunden, nicht Konkurrenten oder Feinden, erscheint (Janeway und Chakotay beim
gemeinsamen Essen, Seven und Naomi, Chakotay und B'Elanna, Janeway und Seven ...), wird
letztendlich mit einer Verkürzung ihrer langen Reise belohnt: Sevens paranoide
"Verschwörungstheorien" mögen ihren Glauben an die gute Sache (und an sich
selbst) zeitweilig unterlaufen, doch ihr Scheitern (eben durch das Vertrauen von Janeway
in Chakotay, das nie wirklich aufhört, oder Janeways Verständnis für Seven) beweist
doch umso mehr dessen Stärke. So betrachtet erscheinen die Theorien symbolisch als all
die Zweifel, die sich an den Roddenberry'schen Motiven der Crew - ihrem Edelmut, die
Aufrichtigkeit und der unbedingte Glaube an ein Erreichen des Ziels (ob nun physisch und
abstrakt) - ergeben. Das wirklich entscheidende ist, das sie sich am Ende als unwahr
herausstellen, egal, wie unsinnig und unrealistisch sie schon von Anfang an geklungen
haben mögen. Worum es mir in Hinblick auf Episoden wie "Die
Voyager-Konspiration" vor allem geht: als Star Trek Fan, der die Saga wirklich
verstehen will, muß man sich eines auf jeden Fall vor Augen führen - Star Trek
ist eine durch und durch unglaubwürdige Serie, ebenso wie die damit verbundene Vision.
Immer, wenn Star Trek nun versucht hat, realistisch zu sein (mit realistisch im Sinne von
"bodenständig mit der Erfahrenswelt der Gegenwart verbunden"), schien ein Teil
der Essenz zu fehlen - unabhängig davon, ob die Geschichten nun erstklassig geschrieben
und umgesetzt wurden (viele späte Episoden von Star Trek: Deep Space Nine) oder sowieso
schon von mangelnden Qualität waren (wie "Equinox II").
Bei Star Trek geht es nicht um Realismus, sondern um eine von Optimimismus und Idealismus
geprägte Utopie. "Die Voyager-Konspiration" verdeutlicht diese Vision im
besonderen Maße (wie obige Beispiele zeigen), und deshalb halte ich diese vergnügliche,
harmlose kleine Geschichte für wesentlich besser als Episoden, die zwar im gleichen Maße
oder weniger unglaubwürdig sind, aber eben jene Grundpfeiler vermissen lassen.
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